Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem Juni 1996 als Bauhandwerker beschäftigt. Die Beklagte sprach gegenüber dem Kläger seit dem Jahr 2011 mehrere Kündigungen aus, ua kündigte sie mit Schreiben vom 30.01.2013 das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos hilfsweise ordentlich. Sämtliche Kündigungen wurden von den Gerichten als unwirksam zurückgewiesen. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien besteht fort. Die Beklagte zahlt seit Februar 2013 keinen Lohn mehr an den Kläger. Aufgrund dessen erhob der Kläger Klage auf Zahlung von Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit ab Februar 2013 unter der Anrechnung bezogenen Arbeitslosengeldes und Arbeitslosengeldes II. Die Beklagte erhob den Einwand, der Kläger habe es böswillig unterlassen, anderweitig Verdienst zu erzielen. Um dies beweisen zu können verlangte die Beklagte vom Kläger im Wege der Widerklage Auskunft über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter in der Zeit vom 01.02.2013 bis zum 30.11.2015 dem Kläger unterbreiteten Stellenangebote Dritter.
Mit Urteil vom 27.05.2020 (5 AZR 387/19) entschied das Bundesarbeitsgericht, dass ein Auskunftsanspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer nach Kündigung aus § 242 BGB (Treu und Glauben) besteht.
Hinweis für die Praxis vom Anwalt Arbeitsrecht:
Grundsätzlich gilt, dass ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, bei einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage das bis zum Urteil fällige Arbeitsentgelt nachzuzahlen hat. Allerdings muss sich der Arbeitnehmer auf dieses Arbeitsentgelt nach § 11 Nr. 2 KSchG anrechnen lassen, was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen. Dieses böswillige Unterlassen, eine zumutbare Arbeit anzunehmen, hat der Arbeitgeber zu beweisen. Dies war in der Praxis kaum möglich. Das hat sich nunmehr mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts geändert. Um diesen Nachweis führen zu können ist der Arbeitnehmer nunmehr verpflichtet, dem Arbeitgeber eine entsprechende Auskunft über die unterbreiteten Stellenangebote zu erteilen.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts stellt die Waffengleichheit zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer wieder her. Ist eine Kündigung nicht gerechtfertigt, so ist es nur konsequent, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den vertraglich vereinbarten Arbeitslohn zu zahlen hat. Auf der anderen Seite ist es dem Arbeitgeber nicht zumutbar, mehr zu zahlen, als er tatsächlich muss. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber § 11 KSchG geschaffen. Jemand der ohne Arbeit ist, ist verpflichtet, sich um Arbeit zu bemühen. Tut er dies böswillig nicht, soll er hierfür auch nicht noch belohnt werden. Der Auskunftsanspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer nach Kündigung ist ein wirksames Instrument, unberechtigte Ansprüche von Arbeitnehmern abzuwehren. Dieser Auskunftsanspruch besteht bereits nach Ausspruch der Kündigung und nicht erst im laufenden Kündigungsschutzverfahren.