Ob die Energiepreispauschale (Im Folgenden: EPP) pfändbar ist oder nicht, ist weiterhin noch nicht abschließend geklärt. Eine erste Entscheidung hierzu hat das Amtsgericht Norderstedt getroffen. Mit Beschluss vom 15.09.2022 (Az. 66 IN 90/19) hat das Amtsgericht entschieden, dass die EPP pfändbar sei.
Das Gericht argumentiert, vereinfacht gesagt, dass die EPP deshalb pfändbar sei, weil es der Gesetzgeber verschlafen hat, die EPP für unpfändbar zu erklären. Der Hinweis des Bundesfinanzministeriums auf der eigenen Webseite:
"Die EPP ist von der Lohnpfändung nicht umfasst, da es sich arbeits- und sozialversicherungsrechtlich nicht um "Arbeitslohn" oder "Arbeitsentgelt" handelt. Die steuerliche Einordnung der EPP als Arbeitslohn ist insoweit unbeachtlich".
ändert nach Ansicht des Amtsgerichts Norderstedt, an der Pfändbarkeit, nichts, da es sich hierbei lediglich um eine Stellungnahme des Ministeriums handelt, aber eben keine gesetzliche Regelung.
Hinweis für die Praxis vom Anwalt Arbeitsrecht:
Dass es der Gesetzgeber versäumt hat, die Unpfändbarkeit der EPP im Gesetz festzuschreiben, ist mehr als bedauerlich und sorgt nicht nur bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern für Unsicherheit. Soweit ein Arbeitnehmer ein monatliches Einkommen erzielt, welches zuzüglich der EPP unter der Pfändungsfreigrenze bleibt, gibt es keine Probleme, da sich die Pfändbarkeit auch in diesem Fall nach den Pfändungsfreigrenzen richtet. Übersteigt das monatliche Einkommen diese Grenze wird es kompliziert. Der Arbeitgeber weiß in diesem Fall nicht, an wen er mit schuldbefreiender Wirkung leisten soll. Zahlt er an den Arbeitnehmer und stellt sich heraus, dass er an den Gläubiger hätte zahlen müssen, so muss er den Betrag noch einmal zahlen und ist dann darauf angewiesen, den Betrag vom Arbeitnehmer zurückzuverlangen. Zahlt der Arbeitnehmer nicht freiwillig, so bestünde die Möglichkeit mit Lohnansprüchen aufzurechnen. Dies wird in der Regel aber nicht möglich sein. Denn wird in den Lohnanspruch des Arbeitnehmers gepfändet, so verbleibt in der Regel kein pfändbarer Lohn übrig, mit dem aufgerechnet werden könnte. Die Aufrechnung mit unpfändbarem Lohn ist nämlich ausgeschlossen.
Umgekehrt gilt natürlich das gleiche. Zahlt der Arbeitgeber an einen Pfändungsgläubiger und stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Pfändung der EPP unrechtmäßig erfolgte, muss der Arbeitgeber die EPP an den Arbeitnehmer auszahlen und sich den Betrag vom Pfändungsgläubiger zurückholen. Auch hier trägt der Arbeitgeber das Ausfallrisiko.
Eine Möglichkeit dieses Dilemma zu lösen wäre es, einen entsprechenden Freigabeantrag beim Vollstreckungs- bzw. Insolvenzgericht zu stellen. An dieser Stelle sei zudem erwähnt, dass sich die Insolvenzverwalter auch nicht einig sind, wie sie mit der EPP umgehen sollen. Auch hier gehen die Meinungen über die Pfändbarkeit der EPP auseinander, so dass, je nachdem, welcher Verwalter für den Schuldner zuständig ist, die EPP an den Schuldner ausgezahlt wird oder eben in die Insolvenzmasse fließt. Im Zweifel gilt auch hier, einen Freigabeantrag beim Insolvenzgericht stellen!