Der Bundesgerichtshof hatte in zwei parallel laufenden Verfahren über die Frage zu entscheiden, wann sich ein Mieter an den Kosten einer Wohnungsrenovierung zu beteiligen hat, wenn die Schönheitsreparaturklausel in dem Mietvertrag unwirksam ist.
Im ersten Fall mieteten die Kläger im Jahr 2002 von der Beklagten Vermieterin eine bei Überlassung unrenovierte Wohnung in Berlin. Da sich aus ihrer Sicht der Zustand der Wohnungsdekoration zwischenzeitlich verschlechtert habe, forderten sie die Beklagten im März 2016 vergeblich auf Tapezier- und Anstricharbeiten gemäß einem Kostenvoranschlag ausführen zu lassen. Die auf Zahlung eines entsprechenden Vorschusses in Höhe von (zuletzt) 7.312,78 € gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.
Im zweiten Fall begehrt der Mieter (im Rahmen einer Widerklage) die Verurteilung der Vermieterin zur Vornahme konkret bezeichneter Schönheitsreparaturen. Die Wohnung war ihm bei Mietbeginn im Jahr 1992 von der Rechtsvorgängerin der Vermieterin unrenoviert überlassen worden. Im Dezember 2015 forderte er die Vermieterin vergeblich auf, die aus seiner Sicht zur Beseitigung des mangelhaften Renovierungszustands erforderlichen Malerarbeiten in der Wohnung auszuführen. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteilen vom 08.07.2020, Az.: VIII ZR 163/18 (erster Fall) und VIII ZR 270/18 (zweiter Fall) entschieden, dass ein Mieter, dem eine unrenovierte Wohnung als vertragsgemäß überlassen wurde und auf den die Schönheitsreparaturen nicht wirksam abgewälzt wurden, vom Vermieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen verlangen kann, wenn eine wesentliche Verschlechterung des Dekorationszustandes eingetreten ist. Allerdings hat er sich in diesem Fall nach Treu und Glauben an den hierfür anfallenden Kosten (regelmäßig zur Hälfte) zu beteiligen, weil die Ausführung der Schönheitsreparaturen zu einer Verbesserung des vertragsgemäßen (unrenovierten) Dekorationszustands der Wohnung bei Mietbeginn führt.
Hinweis für die Praxis:
Gemäß § 535 Absatz 1 Satz 2 BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Diese Erhaltungspflicht kann der Vermieter mietvertraglich auf den Mieter abwälzen. Bei der Überlassung von unrenoviertem Wohnraum bleibt hingegen die Erhaltungsverpflichtung beim Vermieter, es sei denn, der Mieter erhält einen finanziellen Ausgleich. Dies etwa im Erlass zweier Monatsmieten. Eine vertragliche Abwälzung auf den Mieter ist dann jedoch ausgeschlossen. Verlangt der Mieter in diesem Fall eine Renovierung der Mieträume über den Zustand hinaus, den die Wohnung bei der ursprünglichen Überlassung hatte, so ist er an diesen Kosten anteilig (regelmäßig zur Hälfte) zu beteiligen.
Bei Abschluss des Mietvertrags kennen sowohl Mieter als auch Vermieter in der Regel den Zustand der jeweiligen Mieträumlichkeiten. Da sowohl Mieter als auch Vermieter den Zustand der Wohnung kennen, gilt dieser Zustand als vertragskonform und ist Ausgangspunkt des Erhaltungsumfangs. Verlangt der Mieter nunmehr die Renovierung einer Wohnung über diesen Zustand hinaus, so würde er ein "Mehr" erhalten, als ihm eigentlich zustehen würde. Daher ist er an diesem "Mehr" auch finanziell zu beteiligen. Die Kostenbeteiligung des Mieters bei vollständiger Renovierung einer unrenovierten Wohnung durch den Vermieter ist daher nur konsequent.